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Veröffentlicht am 15. September 2025

Die Koordinatensysteme in der Praxis

Koordinaten- und Bezugssysteme und Bezugsrahmen sind in der Vermessung und Geodäsie von zentraler Bedeutung. Nachfolgend einige Beispiele für spezifische Anwendungen im Schweizer Koordinatensystem.

Transformationen mit REFRAME

Ausgehend von einem Punkt im Schweizer Referenzrahmen LV95 (CH1903+) führen wir mit dem Online-Dienst REFRAME von swisstopo eine Koordinatentransformation durch. Die umzuwandelnde Datei enthält einen Punkt bei swisstopo (Wabern) mit folgenden Koordinaten:

  • Landeskoordinaten: 
    E = 2'600'980 m
    N = 1'197'450 m
    H = 552.5 m (LV95 / LN02)

Mit REFRAME kann dieser Punkt in verschiedene globale Systeme umgewandelt werden.
Wählt man als Ziel ein globales System wie ETRS89 oder CHTRS95 (mit den entsprechenden Bezugsrahmen ETRF93 bzw. CHTRF95), erhält man:

  • Geografische Koordinaten:
    λ = 7.4515°
    φ = 46.9281°
    hell = 601.5 m

Die ellipsoidische Höhe bezieht sich auf das Referenzellipsoid GRS80.

Wenn für das Koordinaten-Format geozentrische kartesische Koordinaten gewählt werden, erscheinen folgende Werte:

  • Kartesische Koordinaten:
    X = 4’327’084 m
    Y = 565’946 m
    Z = 4’636’753 m

Diese Werte unterscheiden sich zwar stark voneinander, stellen aber denselben Punkt dar, einfach in zwei verschiedenen Koordinatensystemen ausgedrückt. Die Umwandlung von geografischen Koordinaten in kartesische geozentrische Koordinaten wird als Umrechnung bezeichnet.

Es gibt einen Höhenunterschied (~49 m) zwischen Gebrauchshöhen in LN02 und der ellipsoidischen Höhe (sie basiert auf dem Ellipsoid GRS80). Dieser Unterschied ist auf das unterschiedliche Ellipsoid, das unterschiedliche Geozentrum bei CHTRS95 und CH1903+ und das Geoid zurückzuführen.

Diese Art der Transformation ist unerlässlich, wenn man von einer lokalen Nutzung (amtliche Vermessung der Schweiz) zu einer globalen Nutzung (GNSS-Rohdaten oder internationaler Austausch) übergeht. Eine falsche Interpretation der Systeme kann zu Fehlern von mehreren Dutzend Metern führen.

Es ist zu beachten, dass die von REFRAME durchgeführte Transformation eine exakte CHTRS95/CHTRF95-Koordinate ergibt. Umgekehrt sind die Ergebnisse in ETRS89 und WGS84 nur annähernd mit CHTRS95 abgestimmt. Je nach Genauigkeitsanforderungen müssen exakte Transformationen durchgeführt werden, um in diese Systeme und die zugehörigen Rahmen zu gelangen.

Transformationen mit ECTT

Das europäische Koordinatentransformations-Tool ECTT ist ein starkes Werkzeug für Umwandlungen zwischen ITRS- und ETRS-Bezugsrahmen. So können beispielsweise die ITRS-Koordinaten der GNSS-Antenne ZIMM des AGNES-Netzwerks umgewandelt werden. Dazu muss unter «Input» lediglich die folgende Zeile eingegeben werden, die den Namen der Station, ihre Koordinaten (in Metern) und ihre Geschwindigkeit (in Metern pro Jahr) enthält:

  • ZIMM 4331296.9298 567556.0581 4633134.0519 -0.01378 0.0181 0.01164

Die Koordinate ist in ITRF2020 zum Zeitpunkt 2015.00 angegeben.

Um eine ungefähre Koordinate in CHTRS95 zu erhalten, muss ETRF93 zum Zeitpunkt 1993.0 ausgewählt werden.

Das Ergebnis ist:

  • ZIMM 4331297.3319 567555.6397 4633133.7012 -0.0012 0.0007 -0.0019

Messung eines RTK-Punkts mit swipos

Wenn in der Schweiz ein Punkt mit GNSS vermessen wird, soll das Standardverfahren die vollständige Kompatibilität mit dem nationalen Referenzsystem gewährleisten. Nehmen wir als Beispiel eine GNSS-Vermessung, die in der Schweiz mit dem Dienst swipos von swisstopo durchgeführt wurde. Der GNSS-Empfänger ermittelt zunächst eine ungefähre Ausgangsposition im SPP-Modus (Single Point Positioning). Diese Position wird in WGS84 angegeben, einer Realisierung, die zum Zeitpunkt der Messung dem ITRF-Bezugssystem nahekommt.

In einem zweiten Schritt wird diese ungefähre Position an den swipos-Dienst übermittelt. Dieser wählt die dem Punkt am nächsten liegenden Stationen des permanenten Referenznetzes AGNES aus. Auf Basis der Beobachtungen dieser Stationen wird eine VRS (virtuelle Referenzstation) in der Nähe des Messpunkts generiert. Ihre Position wird im Referenzrahmen CHTRF95 berechnet. Die VRS liefert simulierte Satellitenbeobachtungen sowie ihre eigene Position.

Bei der RTK-Positionierung (Real Time Kinematic) empfängt der Rover-Empfänger die Beobachtungen der VRS in Form eines RTCM-Flusses. Dieser enthält auch die geozentrische kartesische Position der VRS. Der mobile Empfänger kombiniert dann die Satellitendaten mit den empfangenen Beobachtungen, um seine endgültige Position zu berechnen. Diese Technik ermöglicht es, Phasenmehrdeutigkeiten aufzulösen, und liefert Positionierungsangaben der Lage und der Höhe mit einer Genauigkeit im Zentimeterbereich . Das Ergebnis wird im gleichen Referenzsystem (CHTRS95) ausgedrückt.

Um diese Daten in die amtliche Vermessung der Schweiz zu integrieren, werden sie vor Ort transformiert. Dabei werden die geozentrischen kartesischen Koordinaten (X, Y, Z) des Systems CHTRS95 in das System CH1903+ umgewandelt. Anschliessend werden die Koordinaten in ellipsoidische Koordinaten (ellipsoidische Länge, ellipsoidische Breite, ellipsoidische Höhe) auf dem Bessel-Ellipsoid 1841 umgerechnet.

Aus diesen ellipsoidischen Koordinaten werden über die Schweizer Projektion die Landeskoordinaten berechnet. Damit verfügen wir nun über Landeskoordinaten im Bezugssystem CH1903+ und im Bezugsrahmen LV95.

Gleichzeitig wird die ellipsoidische Höhe über Bessel (hell) des gemessenen Punktes in die orthometrische Höhe (H) umgerechnet, die dem Höhenbezugsrahmen LHN95 entspricht. Die Umrechnung erfolgt durch Subtraktion der Geoidhöhe (N) aus dem offiziellen Schweizer Geoidmodell CHGeo2004:

  • Hortho,LHN95 = hell,Bessel − NCHGeo2004

Um eine Gebrauchshöhe LN02 (Landesnivellement 1902) zu erhalten, muss die Transformation HTRANS angewendet werden.

  • HGebrauchshöhe, LN02 = hortho,LHN95 − HTRANS

Eine solche Höhe wird entweder durch Verwendung eines Geoidmodells, das HTRANS bereits integriert, oder durch Auswahl eines GNSS-Flusses erreicht, der direkt LN02-konforme Höhen liefert. swipos integriert diese Transformation direkt in die Mountpoint VRS_GISGEO_LV95LN02 oder MSM_GISGEO_LV95LN02, um Höhen in LN02 zu liefern. Besondere Aufmerksamkeit muss der Konfiguration des Rovers gewidmet werden, damit die Transformation nicht zweimal angewendet wird.

Ein häufig begangener Fehler besteht darin, eine Koordinate im Format Längengrad, Breitengrad und ellipsoidische Höhe als Koordinate aus WGS84 zu interpretieren. Die Kenntnis eines Breitengrads und eines Längengrads allein reicht jedoch nicht aus, um das verwendete Referenzsystem zu definieren.

Bundesamt für Landestopografie swisstopo

Bereich Vermessung
Seftigenstrasse 264
3084 Wabern