Data Science auf Geodaten angewendet
Die Techniken zur Erfassung, Sammlung und Auswertung von Geodaten entwickeln sich rasant weiter. Allerdings finden öffentliche Verwaltungen bisweilen nur schwer Zugang zu entsprechenden Rechercheergebnissen. Roxane Pott leitet das Team des Swiss Territorial Data Lab (STDL) und fördert kooperative Ansätze für mehr Innovation bei der öffentlichen Hand.

Eingerichtet wurde das STDL im Jahr 2020, um den öffentlichen Verwaltungen einfachen Zugang zu Innovationen zu verschaffen. Die Initiative wurde von der Strategie Geoinformation Schweiz finanziert. Als eine Art Sandkasten gedacht, soll das STDL Herausforderungen öffentlicher Verwaltungen mithilfe der Datenwissenschaft meistern.
Die Kriterien für die Auswahl konkreter Projekte sind einfach, erklärt Roxane Pott: «Das Projekt muss einem aktuellen Bedürfnis einer Behörde entsprechen und auch für andere Institutionen in der Schweiz von Interesse sein. Auf diese Weise kann die entwickelte Lösung künftig repliziert werden. Ausserdem muss sich das Projekt mit den vorhandenen Ressourcen, das heisst mit zwei Personen in einer Zeitspanne von sechs bis acht Monaten, realisieren lassen.» Das Swiss Territorial Data Lab liefert dabei kein fertiges Produkt, sondern einen Prototyp, das heisst, einen Quellcode und eine methodische Vorgehensweise. Dieser Prototyp kann anschliessend durch den Auftraggeber selbst oder durch ein externes Unternehmen weiterentwickelt werden – stets unter Begleitung des STDL. Deshalb sind sämtliche Ergebnisse des STDL als Open Source zugänglich.
Förderung gemeinschaftlicher Innovation
«Sobald ein Projekt angenommen ist, kommt mein datenwissenschaftliches Team ins Spiel», führt Roxane Pott weiter aus. Die Projektleiterin Innovation ist für die operative Leitung des Data-Scientist-Teams des Swiss Territorial Data Lab zuständig: «Seit drei Jahren arbeite ich nun bei swisstopo – und fast ebenso lange für das STDL. In dieser Zeit ist das Team nicht nur zahlenmässig gewachsen, sondern hat auch viel Kompetenz erworben. Die kollaborative und empirische Herangehensweise des STDL ermöglicht uns, gemeinsam konkrete Lösungen zu entwickeln und zu testen. Mit jedem Projekt lernen wir dazu.»
Ausserdem stellt swisstopo Arbeitszeit und Personal für das STDL zur Verfügung: «Ich durfte mit internen Ressourcen ein Team aufbauen und kann auf die Unterstützung externer Partner zurückgreifen. Im Alltag arbeite ich in einem kleinen Kernteam mit drei weiteren Datenwissenschaftlerinnen zusammen. Gleichzeitig merke ich, dass wir intern besser wahrgenommen werden. Denn auch wenn meine Kolleginnen für Partnerunternehmen arbeiten, haben sie ihren Arbeitsplatz bei swisstopo. Dies hilft dabei, unsere Lösungen innerhalb des Bundesamts bekannt zu machen», unterstreicht Pott. Diesem Punkt misst sie besondere Bedeutung bei, denn swisstopo gehört zu den Nutzniessern der Projekte des STDL.
Den Geodaten mehr Aussagekraft verleihen
LiDAR-Daten, Orthofotos, Landeskarten: Das Team des Swiss Territorial Data Lab nutzt umfassend Daten von swisstopo und zeigt neue Möglichkeiten auf, diese anzuwenden. Gegenwärtig läuft beispielsweise ein Projekt in Zusammenarbeit mit dem Kanton Freiburg zur automatischen Bodensegmentierung. Dessen Ziel besteht darin, ein Instrument zu entwickeln, mit dem sich die Bodenbeschaffenheit erfassen lässt. An einem solchen Vorgehen sind auch das Bundesamt für Umwelt BAFU, das Bundesamt für Raumentwicklung ARE, das Bundesamt für Statistik BFS und selbst das französische Institut national de l’information géographique et forestière (IGN) interessiert. «Unsere Idee ist es, automatisiert potenziell belastete Böden im Sinne der Verordnung über Belastungen des Bodens (VBBo) zu identifizieren und in eine hochaufgelöste Karte einzuzeichnen. Hierfür nutzen wir die Daten von swisstopo», präzisiert Roxane Pott.
In einem anderen Projekt für die Kantone Genf und Zürich stützen sich die Data Scientists auf Luftbilder und LiDAR-Punktwolken von swisstopo, um Informationen über Dachbegrünung, Dachbedeckung und Vegetationstyp abzuleiten. «Mit solchen Projekten bringt man IT-Fachstellen oft an ihre Grenzen, denn wir arbeiten mit enormen Datenmengen. Möchte man etwa auf das Bildprodukt SWISSIMAGE RS für die gesamte Schweiz zugreifen, so entspricht dies einer Datenmenge von 55 Terabyte. Eine solche Datenübertragung ist kaum möglich. In solchen Fällen suchen wir nach neuen Lösungen, die einfacher umsetzbar sind. Das spornt uns täglich an!»
Mithilfe innovativer Tools an Geodaten zu arbeiten und in sechs bis acht Monaten konkrete Probleme zu lösen, ist herausfordernd!
Kontinuierlicher Verbesserungsprozess
Durch die Beteiligung am Swiss Territorial Data Lab profitiert swisstopo seinerseits, indem eigene interne Prozesse kontinuierlich optimiert werden. Roxane Pott erwähnt hierfür zwei Beispiele: «Wir haben eine Methode gefunden, automatisch die Art des Belags von Strassen und Wegen im Topografischen Landschaftsmodell (TLM) zu erfassen. Bislang war die Erhebung dieser Daten sehr zeitaufwendig. Damit bleibt mehr Zeit für die Erfassung weiterer Daten.» Das TLM ist das Herzstück der Produktion von Geodaten auf nationaler Ebene. Jeden Tag werden daran über 10 000 Änderungen vorgenommen.
Jede Verbesserung erleichtert die Arbeit der Mitarbeitenden erheblich. «Wir haben auch praktische Lösungen zum Erkennen von Abbaustellen mineralischer Rohstoffe in der Schweiz vorgeschlagen, bei denen ein Algorithmus die Erfassung im TLM vereinfacht. Für die Geologen haben wir zudem eine Art Zeitmaschine eingerichtet, die die geologischen Veränderungen an diesen Orten im Zeitverlauf simuliert», ergänzt Roxane Pott.
Zusammenarbeit mit den Kantonen verstärken
Nicht zuletzt fördert das Swiss Territorial Data Lab auch den Austausch zwischen swisstopo und den Kantonen. Es arbeitet mit zahlreichen Partnern und Behörden zusammen. Roxane Pott erkennt darin die Chance, bestehende Netzwerke weiter auszubauen: «Kürzlich haben wir im Rahmen eines Projekts mit dem LiDAR-Team von swisstopo festgestellt, dass die erarbeiteten Lösungen auch für die Kantone Neuenburg und Genf von Interesse sein könnten. Also haben wir sie in unseren Austausch miteinbezogen, damit die Spezialisten diese Themen gemeinsam vertiefen konnten.»
Bis heute hat das Swiss Territorial Data Lab zur Lösung konkreter Problemstellungen von neun Kantonen, dem Bundesamt für Statistik BFS und swisstopo beigetragen. In einer nächsten Phase geht es nun darum, diese Lösungsansätze in die Praxis umzusetzen und weiteren Institutionen zur Verfügung zu stellen. Einerseits erfüllt dies Roxane Pott und ihr Team mit Stolz, anderseits ergeben sich daraus neue Herausforderungen. Das STDL fördert neue, kooperative Arbeitsmethoden, die auf Data Science und Deep Learning beruhen. Können die öffentlichen Verwaltungen diese anwenden? Indem das STDL die Funktionsfähigkeit dieser Methoden aufzeigt, weist es zumindest einen Weg.

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