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Veröffentlicht am 15. Oktober 2024

Nach dem Doktortitel in den ausseruniversitären Arbeitsmarkt eintreten

Camille Litty und Joan Sturm haben sich entschlossen, ihr Studium mit einem Doktorat fortzusetzen. Heute arbeiten sie bei swisstopo. Sie blicken auf ihren Wechsel aus der akademischen Welt in die eines Unternehmens zurück. Ein Doppelinterview.

Camille Litty und Joan Sturm, Mitarbeiterinnen im Bereich Topografie, tauschen sich über die Kompetenzen, die sie während ihrer Doktorarbeit erworben haben, aus.

Joan Sturm und Camille Litty, Sie beide haben 2023 eine Stelle bei swisstopo angenommen. Warum haben Sie die Universität verlassen?

Camille Litty: Nach meinem Masterabschluss habe ich eine Doktorarbeit über die Gestaltung von Geländemodellen anhand von Satellitenbildern geschrieben. Danach bin ich an der Universität geblieben, habe als Assistenzprofessorin und als Postdoktorandin gearbeitet. Trotzdem habe ich mich nicht um eine Karriere als Forscherin bemüht. Ich wünschte mir eine gewisse Stabilität und interessierte mich mehr dafür, fachtechnische Projekte voranzubringen. Hierfür hat sich mir dann eine ideale Möglichkeit eröffnet: swisstopo erneuert aktuell sein Produktionssystem, namentlich mit dem Einkauf neuer Kameras für die Erfassung von Luftbildern. Diese Thematik hängt stark mit meinem bisherigen Forschungsgebiet zusammen. So kann ich mich heute im Projektmanagement entfalten.

Joan Sturm: Mir erzählte ein Kollege vom Posten, den ich heute besetze. Noch habe ich meine Dissertation nicht abgeschlossen, aber eine feste Anstellung, die inhaltlich eng mit «meinem» Forschungsthema verknüpft ist – eine solche Gelegenheit würde sich gewiss kein zweites Mal bieten … Ich arbeite in einem 80-Prozent-Pensum. Damit bleibt mir Zeit, um meine Publikationen zu verfassen und die Verteidigung meiner Doktorarbeit vorzubereiten. Da ich mich mit dem gleichen Themenfeld wie bei swisstopo beschäftige, kann ich bestimmte Aspekte vertiefen. Und ich schätze es zu sehen, wie sich meine Arbeit konkret in der Praxis anwenden lässt. Zudem lässt der Druck nach, wissenschaftliche Publikationen vorzuweisen, zugunsten der Produkte und Daten, die wir unseren Partnern liefern.

Inwiefern ist Ihre akademische Ausbildung ein Vorteil?

Joan Sturm: Eine Doktorarbeit zu verfassen, erfordert vor allem Durchhaltevermögen. Man muss sich über lange Zeit auf dasselbe Thema fokussieren – ich arbeite selber seit fünf Jahren an meiner Promotion. Dadurch entwickelt man Kompetenzen wie die Fähigkeit, Dinge in ihrer Gesamtheit zu erfassen und möglichst alle Aspekte miteinzubeziehen. Zusätzlich sind wir für den Fortschritt unserer Arbeiten selbst verantwortlich. Also lernen wir zu priorisieren, Ergebnisse oder innovative Lösungen zu evaluieren und anzuwenden. Letztlich sind diese Kompetenzen weit über die Universität hinaus nützlich und gefragt.

Camille Litty: Ja, und ich würde ergänzen, dass man auch organisatorische und koordinative Fähigkeiten entwickelt. Diese erleichtern mir heutzutage, neue Projekt in Angriff zu nehmen und zu führen, ohne eine Expertin im jeweiligen Bereich zu sein. Ich habe gelernt, die richtigen Partnerinnen und Partner beizuziehen. Mithilfe ihrer Expertise erarbeite ich eine methodische Vorgehensweise, mit der sich ein Projekt voranbringen lässt. Des Weiteren haben wir im Zuge unserer Forschungsarbeiten gelernt, uns in andere Sichtweisen hineinzudenken, um den Bedürfnissen verschiedener Akteure gerecht zu werden. Solchen «Soft Skills» misst man im Berufsleben oft zu wenig Bedeutung bei.

Joan Sturm: «Soft Skills» sind schwer zu messen und zu referenzieren, ungleich einem Doktortitel. Dennoch hast Du recht, dass genau dies uns auf dem Arbeitsmarkt auszeichnet.

Was sind die neuen Herausforderungen, vor denen Sie stehen?

Joan Sturm: Ich bin es gewohnt, meine Arbeiten mit allen einzelnen Schritten, zeitlichen Abläufen und Fristen allein zu steuern. Bei meiner Arbeit bei swisstopo hingegen sind die Prozesse komplexer und es sind mehr Menschen oder Organisationen eingebunden. Sagen wir es so: Ich lerne, geduldiger zu sein.

Camille Litty: Meine Muttersprache ist französisch. Für mich persönlich bleibt die Sprache eine tägliche Herausforderung. Während in der Wissenschaft Englisch vorherrscht, muss ich im Beruf oft Deutsch sprechen. Ich investiere viel Zeit in Sprachkurse und spreche so oft wie möglich Deutsch – bei der Arbeit wie auch zu Hause. Ich schätze es auch, dabei auf die Unterstützung meines Teams zählen zu dürfen.

Portraits

Camille Litty

Camille Litty
Camille Litty ist seit Februar 2023 Teil des Teams Innovation im Bereich Topografie. Sie ist verantwortlich für die Erneuerung der Kameras zur Erfassung von Luftbildern. Letztere dienen als Grundlage für die Produktionskette von Geodaten. Sie ist ebenfalls zuständig für die Migration und die Weiterentwicklung des Systems zur Erstellung topografischer 3D-Daten von swisstopo.

Joan Sturm

Joan Sturm
Joan Sturm arbeitet für das Krisenmanagement im Bereich Topografie. Ihre Forschungsarbeiten widmet sie der Nutzung der Fernerkundung (Remote Sensing) zur Bewertung und Vorbeugung der Auswirkungen von Dürreperioden auf Wälder. In ihrem Team entwickelt sie geeignete Werkzeuge zur Überwachung und Warnung vor Dürren.

Bundesamt für Landestopografie swisstopo

Ressort Kommunikation und Web
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3084 Wabern