Das Gedächtnis der Landschaft als Erbe
Seit 175 Jahren dokumentiert swisstopo die topografische Entwicklung der Schweiz. Heute ist daraus ein Erbe von grosser Vielfalt entstanden, mit dem Lea Dauwalder bestens vertraut ist. Bei swisstopo ist sie für die Restaurierung und Konservierung der kartografischen Sammlung zuständig. Ein Handwerk, das viel Fingerspitzengefühl, Gründlichkeit und Präzision verlangt.

Ab 1845 veröffentlichte das Bureau topographique fédéral die erste Serie offizieller topografischer Karten der Schweiz. Seither hat sich die Kartenproduktion sichtlich weiterentwickelt. Dementsprechend verwaltet swisstopo heute eine grosse vielfältige Sammlung von Karten und entsprechenden Arbeitsutensilien wie Luftaufnahmen, Kupferplatten oder Feldbüchern. «Diese über viele Jahrzehnte zusammengestellten Objekte sind ein wertvolles Erbe», erklärt Lea Dauwalder. Sie fasst ihre Tätigkeit wie folgt zusammen: «Bei der Kartensammlung stelle ich sicher, dass diese Schätze aus der Vergangenheit und die Informationen, die sie enthalten, auch in Zukunft zugänglich bleiben.» Hierfür greift sie auf verschiedene Restaurierungs- und Konservierungstechniken zurück.
In einem hellen und gut ausgestatteten Atelier gibt sie diesen Objekten ihre ursprüngliche Pracht zurück. Hier wartet eine von der Zeit vergilbte Karte auf ihre Restauration. Dort liegen Werkzeuge sorgfältig sortiert neben einem Feldbuch mit beschädigtem Einband. «Ich arbeite mit Objekten unterschiedlichster Natur und wende dementsprechend unterschiedliche Methoden an», betont Lea Dauwalder, während sie die verschiedenen Arbeitsstationen im Atelier erklärt.
Ich stelle sicher, dass die Schätze aus der Vergangenheit und die Informationen, die sie enthalten, auch in Zukunft zugänglich bleiben.
Exaktes Handwerk
Zurzeit widmet sich Lea Dauwalder alten Feldbüchern, die Notizen der damaligen Topografen enthalten. «Zuerst reinige ich das Objekt. Denn vor jeder Restaurierungsarbeit müssen Staub oder jegliche Unreinheiten entfernt werden. In diesem Fall muss ich mich um den hinteren Buchdeckel kümmern. Das Leder löst sich ab. Und ich ergänze die Heftung, weil die Fäden nicht mehr halten.» Mit ihrer Arbeit will sie dafür sorgen, dass die Geschichte eines Objekts so transparent wie möglich bleibt: «Man soll erkennen, wie es hergestellt wurde. Die Verarbeitungstechniken und Materialien werden nicht einfach entfernt und ersetzt, sondern so weit wie möglich erhalten und nur dort ergänzt und gesichert, wo es notwendig ist.» Dabei wird jeder Schritt der Restaurierung dokumentiert, damit man ihn zurückverfolgen kann.
Die Techniken, die Lea Dauwalder anwendet, sind erprobt und ihre Arbeit eine Frage der Geschicklichkeit und Präzision. Wie oft bei handwerklichen Tätigkeiten ist es die Erfahrung, die zum besten Resultat führt. Lea Dauwalder beherrscht eine breite Palette an Werkzeugen, die ihr zur Verfügung stehen. Sie hat sogar ein Lieblingsarbeitsgerät: «Es vergeht kein Arbeitstag, ohne dass ich meinen Spatel benutze. Diesen hier habe ich auf einem Flohmarkt in Berlin gefunden. Ich habe ihn selbst geschliffen und er ist sehr vielseitig einsetzbar», erzählt sie lachend. Mit ihrem Spatel in der Hand löst und entfernt sie vorsichtig alte Klebestreifen, die einst wohl dazu dienten, eine gerissene Seite zu befestigen.
«Mit der Zeit verhärtet sich der Klebstoff und birgt das Risiko, weitere Risse an dessen Rändern zu verursachen », erklärt Lea Dauwalder. Noch problematischer ist, dass der Klebstoff in das damit geflickte Papier eindringt, sich mit der Zeit zersetzt und die Abbauprodukte das Papier chemisch schädigen. Ein Problem, mit dem sie bei der Restaurierung von Karten immer wieder konfrontiert wird.
Eigene Klebstoffe herstellen
«Bei jeder Verwendung der Karten können bestehende Risse grösser werden. Daher sind Restaurierungsarbeiten Voraussetzung für ihre weitere Handhabung. Ich verwende dafür spezielle Klebstoffe», sagt Lea Dauwalder, während sie den Leuchttisch einschaltet, auf dem sie eine Karte bearbeitet. Diese wurde von Hand auf Transparentpapier gezeichnet: «Für diese Art von Papier verwende ich einen Leim, der aus der Schwimmblase des Störs gewonnen wird. Er hat eine hohe Klebkraft und ist gleichzeitig elastisch.»
Lea Dauwalder bereitet den Leim selbst zu, was zeitaufwendig ist: «Zuerst müssen die Flocken in entmineralisiertem Wasser während mindestens zweier Stunden aufquellen. Danach wird die Mischung über mehrere Stunden erwärmt, bis der Leim endlich bereit ist.» Nun greift sie nach einem Streifen Japanpapier und legt diesen auf die gerissene Stelle. Sie schnappt sich einen Pinsel und trägt den Kleber sparsam auf. Dann deckt sie die reparierte Stelle mit einem Polyestervlies, Löschkarton sowie einem Stück Karton und beschwert das Ganze mit einem Bleigewicht. «So verzieht sich das Papier beim Trocknen nicht.»
Für Lea Dauwalder ist die Herstellung von Klebstoffen Wissenschaft und Intuition zugleich. Am häufigsten bereitet sie Leim aus Weizenstärke zu. Sie hält sich an die Mengen- und Temperaturangaben, verlässt sich aber vor allem auf ihr Bauchgefühl: «Je nach Wetterlage oder dem Kocher, den ich benutze, verhält sich die Klebstoffmischung anders.»
Verfügbarkeit langfristig gewährleisten
Nach der Restaurierung der historischen Objekte stellt Lea Dauwalder deren Archivierung sicher. Die Kartensammlung von swisstopo ist auf zwei Archivräume verteilt, die die nötigen Voraussetzungen für die Konservierung erfüllen. Dennoch gibt es einige technische Herausforderungen: «Wir müssen viele Aspekte berücksichtigen. Der Bestand muss in einem regulierten Umfeld mit der richtigen Luftfeuchtigkeit gelagert und vor Ungeziefer oder anderen äusseren Einflüssen geschützt sein. Zusätzlich bringen wir die Objekte in säurefreien und alterungsbeständigen Behältern unter.»
Man soll erkennen, wie ein Objekt hergestellt wurde.
Lea Dauwalder war auch an der Entwicklung geeigneter Lösungen für die Archivierung von Grossformaten beteiligt. «Vor 2022 lagerten viele dieser Karten einfach im Estrich. Der Zugang war umständlich und die Karten den ungünstigen Lagerbedingungen ausgesetzt.» Heute haben auch diese Spezialformate ihren Platz im Verwaltungsarchiv von swisstopo gefunden. Mit ihrer Arbeit trägt Lea Dauwalder zur Erhaltung des topografischen Erbes der Schweiz bei. Ein lebendiges Gedächtnis, das sowohl für das Amt und seine zukunftsorientierten Strategien als auch für die Bevölkerung und deren Kenntnisse des Landes wertvoll ist.
Kartensammlung
Lea Dauwalder hat Konservierung und Restaurierung an der Hochschule der Künste in Bern studiert. Im Bereich Topografie arbeitet sie für die Abteilung, die für die Geodatenabgabe und die analoge Sammlung zuständig ist. Sie ist Teil eines vierköpfigen Teams, das im Jahr 2023 über 900 historische Objekte restauriert und konserviert hat.

Historische Kartenwerke
Die Kartensammlung von swisstopo ist ein einzigartiges Kulturgut bestehend aus den Erstausgaben sowie den Nachführungsständen der amtlichen Kartenwerke «Dufourkarte», «Siegfriedkarte» und «Landeskarten». Weitere zum Teil handschriftliche Grundlagen sind ebenfalls Bestandteil dieses Schatzes. Alle Ausgaben der analog hergestellen Karten können Sie heute in digitaler Form beziehen oder einfach in der Zeitreise von swisstopo betrachten.

Historische Karten
Entdecken Sie mit den alten Siegfried-, Dufour und Landeskarten das historische Erbe der Schweiz und visualisieren Sie dieses bis in die Zeit der modernen Kartografie.
Ergänzende Inhalte

Frauen im Fokus
Längst haben Frauen technische Berufe, die Geoinformation und nicht zuletzt unsere Tätigkeitsbereiche für sich entdeckt. Zeit also, den Fokus auf die Frauen in unserem Bundesamt zu richten.
Bundesamt für Landestopografie swisstopo
Seftigenstrasse 264
3084 Wabern

















.jpg?auto=format)



