Veröffentlicht am 8. Januar 2024
Häufige Fragen
FAQs zu den Themen Geodäsie, Landesvermessung und Navigation.
Weshalb verschwindet ein Schiff am Horizont oder welchen Einfluss haben Erdkrümmung und Refraktion auf die horizontale Sichtweite?
Auf eine Distanz (D) von 349 Kilometer (Ausdehnung der Schweiz: Ost-West) muss mit einer scheinbaren Höhenverschiebung von -8318 Metern infolge von Erdkrümmung (E) und Refraktion (R) gerechnet werden. Refraktion bedeutet hier die Brechung des Lichtstrahls in der untersten Erdatmosphäre infolge der mit der Höhe abnehmenden Luftdichte. Diese Strahlkrümmung beträgt im Durchschnitt 13% der Erdkrümmung und erhöht in geringem Mass die horizontale Sichtweite.
Untenstehendes Bild stellt den bekannten Effekt des Verschwindens eines grossen Schiffes auf einem grossen See, mit zunehmender Distanz vom Ufer aus betrachtet, dar.

Erdkrümmung D [km] E[m] E-R[m] Bemerkung
1 0.08 0.07
10 7.8 6.8
100 780 680
221 3843 3335 Schweiz: N-S
349 9560 8318 Schweiz: O-WFormel
E = D*D / 2r
E-R = 0.87 * D*D / 2r
Für den Erdradius r wurde 6370 km verwendet.
Die 0.87 setzen sich zusammen aus 1 minus Refraktionskoeffizient (~0.13)
Welche Eingaben müssen beim GPS-Gerät gemacht werden, damit direkt Schweizer Landeskoordinaten, wie sie auf unseren Landeskarten angegeben sind, angezeigt werden?
Im GPS-Gerät wählen:
- Bezugssystem (Reference System): «CH1903»,
- Kartenprojektionssystem (Grid): «SWISSGRID».
Auf welcher Webseite sind die geografischen Koordinaten (Länge und Breite in Grad und Winkelminuten und eventuell Sekunden) der Schweizer Städte zu finden?
Die gewünschten Informationen finden sich auf www.map.geo.admin.ch: Städtename eingeben, auf die Markierung klicken; im kleinen Fenster «Objekt-Information» stehen die Koordinatenangaben.
Mit dem Online Dienst NAVREF können Landeskoordinaten in geografische Koordinaten und umgekehrt transformiert werden.
Die Datenbank geonames.org enthält Ortsnamen und deren geografische Koordinaten aus der ganzen Welt.
Wie können geografische Koordinaten (Länge / Breite / ellipsoidische Höhe) von WGS84 in schweizerische Landeskoordinaten in LV95 (y / x / H) und umgekehrt umgerechnet werden?
a) Manuelle Eingabe für Einzelpunkte:
Auf folgender Webseite steht das Programm NAVREF für die Umrechnung in Metergenauigkeit online zur Verfügung:
b) Eingabe von Punktdateien für die Umrechnung mit höherer Genauigkeit:
Auf folgender Webseite kann unter allen in der Schweiz geltenden Bezugssystemen und Bezugsrahmen eine Serie von Punkten mittels einer Eingabedatei in den heute üblichen Datenformaten online umgerechnet werden:
Wo befindet sich der geografische Mittelpunkt der Schweiz?
Wer auf der Landeskarte 1 : 25'000 genau nachmisst oder mit seinem GPS-Gerät draussen nach den Koordinaten sucht, findet den Punkt gerade oberhalb der Felswand westlich von Chli Aelggi in der Gemeinde Sachseln im Kanton Obwalden. Ausser für Gämsen ist dort aber kaum ein Zugang. Für das Publikum wurde deshalb die Markierung des Mittelpunkts der Schweiz um 500 Meter nach Südosten verschoben.
Die Korporation Sachseln stellte für diese Markierung den Boden auf der kleinen Kuppe unentgeltlich zur Verfügung. swisstopo spendete eine Triangulationspyramide und der Steinmanndli-Klub Sachseln baute rund um die Pyramide eine Mauer in der Form der Schweiz.
In jeder der vier Haupthimmelsrichtungen steht eine Aluminiumtafel mit einer Schweizerkarte, die in der jeweiligen Landessprache den Mittelpunkt der Schweiz anzeigt.
Wo liegt der Mittelpunkt des grösstmöglichen Kreises innerhalb der Schweiz, der die Landesgrenze berührt, aber an keiner Stelle überschreitet? Das Zentrum dieses Kreises ist nämlich jener Punkt, der am weitesten von unseren Nachbarländern entfernt liegt.
swisstopo hat den grenzfernsten Punkt berechnet. Dieser liegt in der Gemeinde Uetendorf im Kanton Bern. Und um ganz genau zu sein: Den grenzfernsten Punkt unseres Landes findet man auf einem Feld mit dem Flurnamen Silbermoos; er hat die Koordinaten 2 610 170 / 1 181 300.

Mit Hilfe geografischer Informationssysteme kann dieser Punkt präzise ermittelt werden. Dabei geht man von der Landesgrenze aus und zeichnet parallele Linien mit einem immer grösseren Abstand zur Grenze. Im letzten übriggebliebenen Gebiet liegt dann der gesuchte Punkt. Dieses Verfahren ist in der folgenden Zeichnung illustriert.

Welches ist der Ausgangspunkt der Höhenmessungen in der Schweiz?
Ausgangspunkt aller Höhenmessungen in der Schweiz ist der «Repère Pierre du Niton» im Hafen von Genf. Er wird für alle Vermessungen und Kartenwerke in der Schweiz verwendet.

Seine ursprüngliche Höhe («alter Horizont») von 376.86 m über dem mittleren Wasserspiegel des Mittelmeeres (Pegel im Hafen von Marseille) war im 19. Jahrhundert von der Höhe des Chasseral abgeleitet worden, welche ihrerseits von französischen Ingenieur-Geographen vom Atlantik aus bestimmt wurde. Dieser ursprüngliche Horizont fand für die alten Höhenmessungen in der Schweiz (Nivellement de précision 1864-1891) sowie für die Dufour- und Siegfriedkarten Anwendung.
Im Rahmen der Landesvermessung zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde der Höhenausgangspunkt neu festgelegt. 1902 kam eine Studie von J. Hilfiker heraus, in welcher die Höhe des Repère Pierre du Niton von verschiedenen Pegeln Europas aus berechnet wurde. Als offizieller Wert («Neuer Horizont») wurde 1902 die Höhe von 373.6 m eingeführt, also ganze 3.26 m tiefer! Dieser Wert sollte in der Folge für das Landesnivellement (LN02), die Landesvermessungen (LV03 und LV95) und alle Vermessungen in der Schweiz Gültigkeit haben.
Der neue Horizont wurde erst durch das Landesnivellement 1902-1927 flächendeckend über die ganze Schweiz in Form des Höhenrahmens «LN02» allmählich realisiert. Auch die Landeskarten und alle Parzellarvermessungen, die nach der Einführung des Schweizerischen Zivilgesetzbuges (ZGB) entstanden, basieren auf diesem Horizont.
Deshalb sind alte Höhenangaben (z.B. in der Siegfriedkarte) um 3.26 m höher als die heute offiziellen Werte in der Landeskarte und allen Plänen der amtlichen Vermessung. Trotz grosser Bemühungen, die Fachwelt über die Änderung zu informieren, setzten sich vor rund hundert Jahren die Höhen vor allem bei den Anwendern im Ingenieur- und Bauwesen nur langsam durch, weshalb es zu vielen Problemen mit Verwechslungen bei den Höhenangaben kam.
Mittlerweile laufen Diskussionen, den Höhenezugsrahmen von 1902 zu ersetzen.
Horizontfestlegung 1902
- Kontrolle über vier Meeresanschlüsse
- vom Pegel Marseille abgeleitet und auf 373.6 m ü.M. gerundet
Anwendungen Repère Pierre du Niton
Neuer Horizont Alter Horizont
seit 1902 vor 1902
- Landesnivellement - Präzisionsnivellement
(LN02)
- Landesvermessung - Dufourkarten
(LV03)
- Amtliche Vermessung - Siegfriedkarten
(AV)
- Landeskarten- Kontrolle über vier Meeresanschlüsse
Was bedeutet «Bezugssystem» in der Geodäsie?
Die Erde hat eine sehr komplexe Form, sie ähnelt einer Kartoffel. Diese Form eignet sich nicht als mathematische Bezugsfläche. Deshalb wird vereinfacht: Die Erde wird als Ellipsoid dargestellt und mit einem Koordinatensystem versehen, das Längen, Breiten und Höhen über dem Ellipsoid bezeichnet.
Das Bezugssystem definiert Grösse, Form und Lage eines Ellipsoids. Bezüge dafür sind der Erdmittelpunkt, die Erdachse und der Nullmeridian von Greenwich. Allen Koordinaten liegt ein definiertes Bezugssystem zu Grunde.
Verschiedene Länder verwenden aus praktischen und historischen Gründen unterschiedliche nationale Ellipsoide und Bezugssysteme.
Moderne satellitengestützte Messverfahren beruhen auf weltweit anwendbaren Bezugssystemen. GPS verwendet zum Beispiel das World Geodetic System 1984 (WGS84). Das lokale schweizerische Bezugssystem wird mit CH1903+ bezeichnet.

Grafik eines Geoids und Ellipsoid Weiterführende Links
Was bedeutet «Projektionssystem» in der Geodäsie?
Ein Projektionssystem versucht, die Erdoberfläche oder zumindest einen Teil davon auf eine ebene Fläche abzubilden. Aufgrund der Krümmung der Erde in allen Richtungen ist das nur mit Einschränkungen möglich. Eine Orangenschale lässt sich auch nicht ohne Weiteres lückenlos und flach auf einem Tisch ausbreiten.
Im praktischen Gebrauch verwendet man ebene und rechtwinklige Koordinaten. Längen und Breiten, die «gebogenen» geografischen Koordinaten des Bezugssystems, eignen sich schlecht. Ein rechtwinkliges Koordinatennetz entsteht durch Projektion, d.h, durch Abbilden des Ellipsoides auf einen streng geometrischen Körper wie Kugel, Zylinder, Kegel und Ebene oder eine Kombination davon.
Beim offiziellen schweizerischen Projektionssystem überträgt man Punkte auf der Erdoberfläche auf einen Zylinder und erhält so die «schiefachsige, winkeltreue Zylinderprojektion». Der Berührungspunkt von Zylinder und Kugel entspricht dem Nullpunkt des Koordinatensystems. Er liegt bei der alten Sternwarte in Bern. Durch das gedankliche Abrollen des Zylinders entsteht die gewünschte Abbildung der Erde auf eine Fläche.

Schiefachsige, winkeltreue Zylinderprojektion Was bedeutet «Bezugsrahmen» in der Geodäsie?
Die theoretische Definition eines Bezugs- und eines Projektionssystems (s. entsprechende FAQs) allein reicht für die Durchführung von Vermessungsarbeiten noch nicht aus. Über die ganze Schweiz verteilte Fixpunkte oder permanent betriebene Satellitenmessstationen und deren exakt bestimmte Koordinaten bilden den so genannten Bezugsrahmen. Alle raumbezogenen Daten, beispielsweise Daten aus den Bereichen amtliche Vermessung, Ver- und Entsorgung, Raumplanung, Bauwesen, aber auch Daten eines geografischen Informationssystems, werden darin eingepasst und geometrisch in Beziehung gebracht.
Um die Vorteile der GNSS-Technologie – insbesondere auch der Positionierungsdienste – vollumfänglich nutzen zu können, wurde Ende des vergangenen Jahrhunderts der fast 100-jährige Bezugsrahmen der Schweiz LV02 von 1989 bis 1995 im Rahmen der Landesvermessung erneuert und mittels der Fundamentalstation in Zimmerwald an das europäische Bezugssystem angeschlossen. Die dabei gesetzten und vermessenen Fixpunkte des Bezugsrahmens LV95 gewährleisten ein satellitengestütztes, hochgenaues und widerspruchsfreies Grundlagennetz.
Mit automatisch betriebenen Satellitenmessstationen und den darauf beruhenden Positionierungsdiensten werden darüber hinaus genaue Koordinaten und Höhen in Echtzeit bestimmt. Grundlagen dafür sind das Automatische GPS-Netz Schweiz (AGNES) mit seinen landesweit 40 permanent betriebenen Stationen und den Positionierungsdiensten swipos-NAV und swipos- GIS/GEO sowie das GNSS-Referenznetz mit ca. 200 über die ganze Schweiz verteilten Fixpunkten. Neben diesen Positionierungsdiensten des Bundes werden auch durch Private ähnliche Dienste angeboten.

Das Bezugssystem und die Kartenprojektion wurden für den Bezugsrahmen LV95 beibehalten. Damit sich die Koordinaten des heutigen vom vormaligen Bezugsrahmen eindeutig unterscheiden, tragen die Koordinatenachsen die Bezeichnungen E (East, früher y) und N (North, früher x). Der Nullpunkt des Landeskoordinatensystems entspricht den Werten E0 = 2 600 000.000 m und N0 = 1 200 000.000 m.

